Kompetenzgewinn durch Forschung

Bis heute gilt: Durch Inspektionen allein lassen sich mögliche Risiken nicht ausreichend minimieren. Schon 1921, als ein Vorläufer des RWTÜV noch unter dem Namen Zechen-Verein in Essen firmierte, wurde neben der Dampfkessel-, der elektrotechnischen und der Abteilung für Wärme- und Kraftwirtschaft eine Abteilung für Laborbetrieb gegründet.

Die Essener Forschungseinrichtung des Zechen-Vereins genoss bald deutschlandweit große Anerkennung und ermöglichte auch eine von der jeweiligen Geschäftsführung explizit geförderte Zusammenarbeit mit Hochschulen wie der RWTH Aachen und dem Haus der Technik in Essen. Man forschte an Werkstoffen, Bauplänen, Schweiß-, Betriebs- und Prüfverfahren.

Pioniere waren die Essener und die Siegener Dependancen der RWTÜV-Vorläufer vor allem in puncto zerstörungsfreie Prüfungen. Schon vor dem Krieg gab es eigene Röntgeneinrichtungen für die Untersuchung von Schweißnähten und Gusstücken; 1953 wurde dieses Verfahren durch den zuverlässigeren Ultraschall ersetzt. Für die ersten großen Kernkraftwerke entwickelten die RWTÜV-Experten 1968 sogar ein Konzept für ein ferngesteuertes Verfahren wiederkehrender Prüfungen unter Strahlenbelastung, das nicht nur von der deutschen Reaktorsicherheitskommission weitgehend in die Leitlinien übernommen wurde, sondern auch im Ausland viel Beachtung fand.

Die Wärme- und Kraftwirtschaft bildete immer einen Schwerpunkt der Forschungstätigkeit. Ausgehend von der mit der Lupe abgelesenen Rauchgasanalyse zur Messung der Absorptionswerte bei der Kesselbefeuerung wurde stetig an weiteren Maßnahmen zur Energieeinsparung und größerer Wirtschaftlichkeit geforscht. Mit großem Aufwand wurde bereits in den fünfziger Jahren an der Entwicklung geeigneter Messverfahren für Feinstaub gearbeitet, an Immissionsprognosen, sowie an Analysen zur Erfassung der Staubinhaltsstoffe. Die Untersuchungsergebnisse wurden in den Labors zum Beispiel zur Berechnung von Schornsteinhöhen eingesetzt, ein besonderes Kompetenzgebiet des RWTÜV. 

Parallel zur Abteilung Wärme- und Kraftwirtschaft machte sich seit 1921 das „Laboratorium für die Untersuchung von Kohlen“ einen Namen, das sich sukzessive eine Expertise bei der Begutachtung aller Arten von Brennstoffen, Aschen, Schlacken, Isolier- und feuerfesten Baustoffen erarbeitete. Im Laboratorium für metallische Werkstoffe wurde metallanalytisch und metallographisch geforscht; ab 1926 gab es im gasanalytischen Labor Fachleute für Abgasuntersuchungen zum Beispiel in Bezug auf Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid oder sonstige Schadstoffe, die auch auf krebserregendes oder sonstiges gesundheitsschädliches Potential erforscht wurden.

In den 90er Jahren lässt sich tatsächlich für den Umweltschutzmarkt eine stark rückläufige Konjunktur festhalten: Industrie und Gewerbe reduzierten, aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbar, ihre Investitionen für Schutzmaßnahmen zum Beispiel im Hinblick auf Staub und Schadgase auf ein notwendiges Minimum. Der RWTÜV trennte sich in der Folge aus wirtschaftlichen Gründen von einigen, vor allem chemischen, Laboratorien und Apparaturen – nie aber vom Wissensdurst! 

Im Rahmen der Fusion 2004 zwischen TÜV Hannover/ Sachsen-Anhalt, TÜV Nord e.V. und der RWTÜV AG wurden die beschriebenen Arbeitsgebiete des RWTÜV eingebracht und werden heute von der TÜV Nord Group angeboten. Die RWTÜV GmbH hält 36,1% an der TÜV Nord AG.